Mittwoch, Februar 14, 2024

Die gute alte Zeit. Unvollständige Liste aller Zumutungen, die es im Mesozoikum noch nicht gab

Im Gedenken an das Erdmittelalter (Dino-Perchtenlauf durch Linz, 12.2.2024)

Eine Liste for the Wind of Change + kleine Gedankenreise zur Erholung von den clusterfucking Polykrisen der Gegenwart + eine sehr ungeordnete Auflistung aller Dinge, die das Erdmittelalter zu meinem Sehnsuchtsort machen, weil folgende Zumutungen noch nicht erfunden waren:

  • Pest und Kreuzzüge (ERDmittelalter, nicht Rittermittelalter!)
  • Kreuzweh, Winkfleisch, Fieberblasen, PMS, scharfe Messer wegen der Fingerkuppen, Cellulite (die Haut der Dinos zu dick), Krebs (gut für Fans der Royals)
  • Rollsplit im Schuhprofil → Eingangsbereich, wo es dann schiach knirscht, wenn man draufsteigt bzw. High Heels, in denen sich kein Rollsplit verfängt, aber dieses Schuhwerk zieht Menschen an, die sagen, damit hat man einfach einen schöneren Hintern, man muss halt damit laufen können, aber es ist ja das individuelle Recht, dass die Mädels anziehen, was sie wollen, das ist bitte auch Feminismus!
  • Mandarinen (no offense, aber imho wird winters zu viel Aufhebens drum gemacht)
  • Existenzielle Krisen angesichts der Nichtigkeit der Existenz
  • String Tangas und String Theorie (man hasst, was man nicht begreift)
  • Die Deutsche Bahn (billiger Punkt)
  • Schusswaffen (unangenehme Dynamisierung in fiktionalen Narrativen, vgl. Tolstoi und Lethal Weapon 1 bis 456)
  • Tennis (sorry, ich find's überbewertet) und die Autotune-Tyrannei in der Popmusik (vgl. Cher „Do You Believe in Love“)
  • Drogenmissbrauch, VR-Brillen und Tesla Trucks
  • Inflation und neoliberale High Performance Mindset Mentalcoaches
  • das Warenüberangebot, dabei ist eh alles nur ein Klumpert, im Mesozoikum gab's eine große Auswahl an Dinos, aber darüber will ich mich nicht beschweren, so sind wenigstens die kleinen Buben mit Auswendiglernen der Saurii beschäftigt
  • Taschentücher, deren Flankerl die ganze Trommel voll dunkler Wäsche versauen
  • Bauernproteste wegen Pestizidreduktion und Dieselsubventionskürzung
  • Kein Donald Trump, Herbert Kickl, Benjamin Netanyahu, Viktor Orban, Schärdinand, Ferdinand Wegscheider, Stalin, Putin und Putinversteher, HP Doskozil (die Reihung ist ein wenig ungeordnet, was die Argheit betrifft), Richard Lugner, Hitler, der Welser Nachbar Glück vom ersten Stock, der mich immer so deppert anschaut, Felix Baumgartner, der Rennradfahrer, der mir einmal „du depperte Sau!“ nachgerufen hat, weil ich ihn bat, nicht gar so schnell auf der schmalen Fahrbahn für alle zu rasen, Dieter Bohlen, Idi Amin, Elon Musk und jetzt neu im Ranking Heinz Sichrovsky wegen seiner törichten ZiB-2-Ausführungen gegen das Gendern
  • Mikroplastik, Dauerwelle, Cancel Culture (keine Ahnung, ob Dinos einander wegen jeweils dummer Ansichten bzw. Frisuren von den jeweiligen Veranstaltungen wieder ausgeladen haben, eher nicht)
  • Dass man für 30 FreundInnen 34 verschiedene Kommunikationsapps braucht
  • Australien, Büros und Spaltbodenverbotskritiker
  • Anhaftender Plastikverschluss bei den Milchpackerln (lästig beim Kaffeerichten)
  • Die Hamas und die rechtsextreme Siedlungspolitik und Antisemitismus und Postkolonialismus auf dem falschen Pfad und Rassismus, Bomben und Raketen

Im Mesozoikum gab's keinen Himmel, keine Hölle, keine Nationen, nichts, wofür es sich zu töten lohnt, and no religion, too, imagine all the people, livin' life as mice, Imagine no

  • possessions
  • I wonder if you can
  • No need for greed or hunger
  • A brotherhood of little mice Imagine all the creatures – Sharing pangea

Ein paar Punkte, die immerhin eindeutig für das Anthropozän sprechen: 

  • Lustige Plastikmasken 
  • Domestifikation des Wolfes
  • Bequeme Ohrensessel
  • Dynastisierung von familialen Strukturen, sodass man weiß, wer die Geschwister sind
  • Bibliotheken
     

Montag, Januar 22, 2024

Wir können euch die Freiheit nehmen, aber nicht das Leben (sagen die woken Eliten zur schweigenden Mehrheit der Normalen)

Auch diese Lebewesen möchten am Freitag freihaben, müssen sich aber u.a. diesen Text anhören, weil sie in einer Diktatur leben.

Hier ein "sehr guter" Textbeitrag für die Lesebühne "Hilfe, Diktatur!" am 12. Jänner 2024

Vorbemerkung für alle, die zwischen den Jahren Besseres zu tun hatten, als ausgeblichene US-Blockbuster aus den 1990ern zu schauen: „Braveheart“ erzählt die Geschichte von William Wallace (Gibson), einem schottischen Freiheitskämpfer gegen die britische Despotie. Es geht schlecht für den Mann, aber gut für die Freiheit aus! Meine Kurzkritik: Hier kämpfen Männer darum, im kalten Schlamm leben zu dürfen. Der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Andreas Kollross hatte (so wie die Autorin) offensichtlich auch nichts Besseres zu tun als besoffen fernzuschauen. Was nicht verwerflicher ist als Nasenbohren, man soll dabei nur die Finger von den „sozialen Medien“ lassen und nicht davon fantasieren, das ius primae noctis (=Frauenvergewaltigung) wieder einzuführen. Denn so kann es passieren, dass Herbert Kickl ein Drehbuch für eine zeitgenössische Adaption des Films in Auftrag gibt, und ich es schreiben muss, weil so ein Haus heizt sich nicht von alleine, aber es sind eh nur zwei Seiten, also bringen wir es hinter uns. 

Kurz nach der Jahrtausenwende wird der Westrand Osteuropas von einer gigantischen Völkerwanderung getroffen. Scharen von Erd- und Höhlenmenschen überfluten das Land zwischen Neusiedler- und Bodensee, das seit urdenklichen Zeiten von den Clans der edlen Alpenvölker zur Blüte gebracht. Die stolzen und freien Menschen werden aber nicht nur von fremdgläubigen Horden bedroht, denen hätten sie dank urwüchsiger Kraft leicht vor den Toren Wiens Einhalt geboten, sondern hinterrücks von den eigenen Clanführern! Sie bilden in den effeminierten Städten einen abgehobenen Machtklüngel, ein westliches Mega-(ich hab MEGA gesagt!!!)Konglomerat, das die Umvolkung der eigenen Bevölkerung plant.  

Willibald Wallner ist Sohn eines hart arbeitenden Kleinunternehmers (Jagdzubehör und Ölkessel), der sich als Vizebezirksobmann im Zweifrontenkrieg gegen die vaterlandsvergessenen Globalisten und die sarazenische Menschenflut opfert. Willibald muss dabei zusehen, wie er aufgerieben wird, der Vater fällt der Trunksucht anheim und sieht sich zur Flucht gezwungen, weil ihn die Vertreter der Propaganda-Journaille aus dem Amt zwingen, nur wegen einer andersdenkenden Zeile in einem alten Liederbuch. Wallner sen. ward nie mehr gesehen, ab und zu berichtete ein Kreuzschifffahrer, ihn in einer Strandbar in Phuket gesehen zu haben, aber das blieben Gerüchte.  

Willibald Wallner trauert, aber er will nichts anderes, als ein gutes Leben, berufliche Erfüllung, ein schönes Heim, eine liebe Frau und Kinder, die es einmal besser haben sollen als er, der sich nach den langen Ausbildungstagen in der Freiheitlichen Akademie nächtens noch stundenlang selbst online weiterbildet. Wallner kehrt in sein Heimatdorf Trumau heim, wo die Jugendliebe Herta treu auf ihn gewartet hat. Ihre Eltern sind gegen die Liaison, weil sie ÖVP-Wähler und für den Impfzwang sind, aber die jungen Leute lassen ihrer Romanze in der herrlichen Landschaft der Thermenregion freien Lauf. [Hier Sexszenen einbauen bei Bedarf!] Bis zu dem Tag, an dem der zynische SP-Bürgermeister in einer kalten Nacht besoffen twittert, er wünsche sich die Wiedereinführung des ius primae noctis, dass er also alle jungen Bräute in ihrer Hochzeitsnacht entjungfern dürfe. 

Da platzt dem heißblütigen Willi der Kragen! Er spricht auf Telegram eine Fatwah gegen den roten Despoten aus, wie ein Mann strömen die Aufrechten aus ihren Häusern, mit Traktoren und PickUps blockieren sie die A3 beim Knoten Ebreichsdorf und die E59 bei Tribuswinkel. Mit der Wucht des Unrechts schlägt das System zurück. In der Untersuchungshaft wird Willi gefoltert. Die Kost ist vegan, aber Willis Wille bleibt ungebrochen, er wird trotz Avocado-Bowls und Kichererbsenaufläufen nach Rezepten des Sadisten Ottolenghi (Israeli!!) nicht schwach. [Hier raffen wir die Handlung, ist ja nur ein Draft!] 

Es kommt landesweit zu Bauernaufständen gegen den oktroyierten Ethnopluralismus, aber vor allem gegen die woke Elite da oben. Willi wird zum heroischen Anführer im Kampf gegen ideologische Missgeburten, queere Genderdiktaturen und unordentliche Beschäftigungspolitiken. Er trotzt der wortbrüchigen Landeshauptvogtin Wiedergutmachungspensionen für die in der Coronazeit tyrannisierte schweigende Mehrheit ab (45% des Landesbudgets). Willi führt die Revolte auch tapfer weiter, als ihm gekaufte „Wissenschaftler“ unterstellen, dank der Traktorblockaden werde unabsichtlich mehr CO2 eingespart, als die Grünen in Jahren in der Regierung geschafft haben. Willi schreibt sich in den sozialen Netzwerken die Finger blutig, „auch die Hamas hat es verdient, ihre Argumente vorbringen zu können!“, er wirft Hundekot in die Briefkästen feministischer Hackerspaces in ehemaligen Branntweinstuben, er schenkt seiner Gattin sieben Söhne. 

Es kommt, wie es kommen muss in einer Diktatur – nur durch Verrat wird das Unrechtsregime Wallners habhaft (Anzeige der Nachbarin, Wiederbetätigung, bloß wegen ein paar geteilter Memes in der Elternvereins-Telegram-Gruppe). Willi wird verhaftet und einem Tribunal vorgeworfen. Nach Verkündigung des Schandurteils (6 Monate bedingt) erhebt sich der stolze Märtyrer und brüllt aus voller Kehle: 

MeinungsFREIIIIIIIIHEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIT!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! 

Wer jetzt nicht weint, ist links!

Donnerstag, November 23, 2023

Autofiktionale Selbstausschreibung

  Verloren ist, wer seine Haut zu Markte tragen muss

SIE BRINGEN MIT: Erwartet wird hoher Idealismus im Bereich der Alpenpflege, die eine qualifizierte Unflexibilität verlangt, zwecks Abwehr von sozialen und beruflichen Anfragen bei Bergwetter. Hier ist Bereitschaft zur Mehrleistung bei entsprechender Überstundennichtabgeltung gefragt, denn die Bewanderung des Toten Gebirges ist in der Hauptsaison eine Halbtagsstelle (und der hat 24 Stunden).

Altenpflegekompetenz ist Grundvoraussetzung: Professor Klaus Buttinger ist durch steten Zuspruch zu loben und mindestens einmal pro Kalenderwoche in Bereich Sexarbeit zu betreuen.

Bei entsprechender Witterung wird erwartet, sämtliche Ruheplätze im Garten mit entsprechender Lektüre einer Amortisierung nahezubringen. Die binnen Wochenfrist zu erbringende Leseleistung bei ZEIT und Falter ist Teil der beruflichen Anforderung. Zu Arbeitsbeginn sind die OÖN zu überfliegen und per teaminterner Blattkritik zu bearbeiten. Am Nachmittag und vor dem Dienstende (=Bewusstseinsende) ist Zeit für Belletristik zu erübrigen.

Tägliche Tierpflege, mindestens vier Stunden. Der Hund muss täglich zwischen 8 und 24 Stunden per Bereitschaftsdienst auf sein Verlangen hin gestreichelt werden. Entsprechende Qualifikations-Zertifikate sind vorzulegen. Tägliche Anbringung von Bio-Meisenknödeln an den drei internen Abgabestellen. Spanische Wegschnecken- und Holzbock-Vergrämungsmaßnahmen von März bis Oktober.

Zahlung: Zehnmal jährlich Tombolaspenden, Einmalzahlung in Form eines verfallenden Einfamilienhauses und Jahres“gehalt“ im untersten fünfstelligen Bereich (kalte Progression und Einkommenssteuer werden nicht schlagend).

Deutsch verhandlungssicher (Dienstort ist unter anderem Wels), Französisch in ausreichenden Spurenelementen, um diese affektierte Sprache satirisch anwenden zu können. Bullshit-Englisch (um learnings zu generieren)

ABC-Abwehr und Sportklettern auf gutem Hobbyniveau

 


Mittwoch, Oktober 25, 2023

Leise singen die Borkenkäfer

Weil ich aus bodenloser Verpeiltheit seit MONATEN hier nichts mehr gepostet habe, ist es eh gleich schon wurscht, wenn ich dann recht antusche mit der Beachtung meines Kunstwollens von der Wiener schule für dichtung. Weil: Na, ist das was? 

Symbolbild "Borkenkäfer"

Der sehr stark von mir geschätzte Peter Waldeck lud zu Folgendem: 

"der wilhelmsschrei aus deinem mund – wenn autofiktion & horror zusammentreffen! / schule für dichtung

experimentelle online-übung über die gelungene fusion von alltagsbeschreibungen mit horrorsituationen mit autor peter waldeck

Es geht um das verfassen merkwürdiger texte (kurzprosa), die autofiktion mit klassischen horrorszenarien vermischen. introspektion trifft splatterorgie: lade deine alltagsbeobachtungen mit einer explosion von b-movie-klischees auf.

bonuspunkte gibt’s für: borkenkäfer-perspektive, traurige grundstimmung, hochliterarische sprache für niedrigsten splatter!"


Und das schrieb ich ihm (synchron verlesen am 20.10. sowohl im Schauspielhaus Wien als auch im Strandgut Linz)

Leise singen die Borkenkäfer. Drehbuch

Doug Burndale, Abkömmling norwegischer Einwanderer, die durch harte Waldarbeit im Forst nördlich von Baltimore zu Wohlstand gelangt und zu hartherzigen Menschen geworden waren, ist durch harte Arbeit als Psychiater zu wissenschaftlicher Anerkennung gekommen und zu einem kannibalistischen Serienkiller geworden.

Auf tritt die angehende FBI-Agentin Therese Bark-Beetle, die von ihren skrupellosen Ausbildnern auf den im Hochsicherheitsgefängnis sitzenden Burndale angesetzt wird, um herauszufinden, was da in den Wäldern nördlich von Baltimore sein Unwesen treibt. Holzfäller werden tot aufgefunden, hunderttausende Morgen Fichten vertrocknen. Burndale ist sofort von der hochbegabten jungen Kriminalbeamtin fasziniert. Schnell findet er Bark-Beetles wunden Punkt – sie entstammt einer Sippe derber Holzknechte, die seit dem Waldsterben in vollgemüllten Mobile Homes saufen.

Hier Handlung einfügen, in der sie durch den Wald hetzt, Schusswechsel etc. Dann die Schlüsselszene, wie der Psychopath hemmungslos in Bark-Beetles Seele wühlt. „Was war mit den Fichten, Agent?“ „Sie waren... von Borkenkäfern ganz zerfressen...“ „Und was haben sie gemacht, Therese? Sagen Sie es mir!“

Sie haben leise gesungen, Dr. Burndale!“

Review Peter Waldeck:

Perfekt! Dieser Text erfüllt nun wirklich alle Träume dieses Kurses. Er bedient sich unbekümmert einer großen Vorlage, bleibt dabei immer angenehm schlampig und faul („hier Handlung einfügen“) und erzählt so auf einer Meta-Ebene viel Autofiktionales über den Arbeitseifer des Erzählenden. Nebenbei räumt der Text mit den Borkenkäfern alle Extrapunkte mühelos ab.


Und trotz allem Ready-Gemachten jagt mir das Schlussbild der singenden Käfer einen eiskalten Schauer über den Rücken. Seit Tagen muss ich daran denken, und es kommt mir vor, als könnte ich in meiner alten Villa, in der es an Holzvertäfelungen nicht mangelt, das feine Gewinsel an vielen Stellen hören. Wenn ich nächtens aus dem Fenster blicke, sehe ich unter dem Kirschenbaum eine dunkle Borkenkäfer-Gestalt stehen. Schwer zu sagen, ob es sich um einen Menschen in einem Borkenkäfer-Kostüm handelt oder um einen Borkenkäfer in Menschengröße. Nachsehen mag ich nicht, ich habe Angst vor einer Falle. Die Tür fällt hinter mir ins Schloss, und die Borkenkäfer übernehmen mein Zuhause, genau wie es dem irischen Naturdichter Butler Keegan im Jahr 1917 passiert ist.

Dienstag, August 01, 2023

Die großen Wochen des Jahres zwischen Vorhölle und Gewitterhimmel

Lebenskrimskrams im Juli 2023

1.7.

In meiner Nahwelt wird der Garten immer mehr zum Statussymbol – aber nicht wegen teurer Ausstattung, eher im Gegenteil, sondern bewertet anhand der Wuchsfreude des Gemüses. 

***

Beim Welser Antifa-Sommerfest erzählt mir ein sehr lustiger Mensch von seiner eher sehr profanen Hochzeit. Da er nämlich ohnehin schon für seine Sponsion einen Anzug tragen musste, schlug er seiner Freundin vor, gleich in einem Aufwasch zu heiraten. Der überrumpelte Vater, der ihn von der Uni zum einzigen Standesamt, das in den Mittagsstunden Amtsverkehr hatte, chauffieren musste, bremste beim Holland Blumenmark und zwang den arg spontanen Sohn, wenigstens einen Brautstrauß zu kaufen. Die „feierliche“ Ansprache der Standesbeamtin war wegen ihres starken Akzents nicht zu verstehen.

Hundeskulptur in Aschach

2.7.

1000 Kilo Grünschnitt aus dem Garten gezwickt, es fehlt NICHTS.

***

Ein Abend mit sehr lieben Freundinnen. Es ist unglaublich, was sich Mütter zusätzlich zum allgemeinen Existenzstress noch alles aufbürden lassen. Das schlechte Gewissen der Frauen ist der Kitt des Patriarchats.  

4.7.

Überraschend, wie gut mir Opernarien gefallen.

5.7. Experiment Literatur

Bissl frech zu dir waren's, die zwei“, befindet Hasi (im tschechischen Birnd-Nerd-Leiberl) nach der Lesung, und ich sage, dass ich eben recht antiäutoritär moderiere. In Wahrheit könnte ich niemals streng zu Leuten wie Birgit Birnbacher und Silvia Pistotnig sein. Wozu auch!?!?!

Reinhard Kaiser-Mühlecker sitzt im Publikum (ich bin nicht so eitel, zu glauben meinetwegen). Später spreche ich ihn vorsichtig auf mein Leid beim Lesen seiner Hundsmordszenen an, Fini schmiegt sich währenddessen eng an Birgit, als verstünde sie. Er erzählt, dass nach einer Lesung eine Frau auf ihn zugestürmt sei, um ihm mitzuteilen, dass sie extra gekommen sei, um ihm zu sagen, dass sie sein Buch sicher nicht kaufen werde, „damit Sie es merken! Und von diesem Krimi-Autor auch nicht, ich habe seinen Namen vergessen!“ Den „Wilderer“ hat sie aber eh auch nicht gelesen, es bleibt ein Rätsel, woraus sich ihre Empörung speist.

Warum schreibst du überhaupt?“, fragt Silvia beim Heimgehen, und sie meint es nicht uncharmant, sondern weil sie sich die Frage selbst stellt. Wir können sie eigentlich nicht beantworten. Nachdem ich sie im Hotel Hauser vorgestellt habe, rate ich ihr, sie könne ja einen Fernseher aus dem Fenster werfen, um zumindest den Eindruck eines wilden Kunstlebens zu hinterlassen.

5.7.

Wo einer recht hat, wird nicht gevögelt.“ Telefonat mit dem wie immer sehr wisen Walter Stadler.

6.7.

Emsiger Abschied vom Haus. Armer Sommerflieder, du musst heuer allein blühen.

7.7.

Hello & Goodbye, Grünspecht auf dem Kirschbaum! Die Rückeroberung der Natur hat schon begonnen.

Letzter Akt vor den Sommerferien: Ein Zwergzicklein am Sumerauerhof heißt ab jetzt "Dominika", weil Yvonne sich beim Facebook-Voting durchgesetzt hat. Ich erglühe vor Ehre! <3

8.7. GRUNDLSEE

Ab jetzt immer nur Grundlsee!“, sagt der Buttinger, vor dem ich meine nassen Augen beim Erstanblick zu verbergen versucht habe. 

Wir räumen das Appartment ein, mein Bücherturm wackelt, während der Buttinger bloß fünf(!) Bücher mitgenommen hat, die ich heimlich fotografiere und an die Schwestern schicke. „Was macht er in der nächsten Woche?!“ schreibt Dani schnell. 

Was sucht ihr mich? Wisst ihr nicht, dass ich zuhause bin?

14.7.

Die vom Herrn Monet gewünschte Wanderung gelingt nicht wie erhofft, da ihm schon nach der ersten halben Stunde hinauf zur Trisselwand die Schuhe unter den Sohlen zerbröseln. Wir tauschen, da unsere Füße fast gleich groß sind, sodass ich von nun  an dahergehe wie eine unbeschuhte Karmeliterin (das habe ich viel später ergoogelt, es gibt ja nichts, was es nicht gibt, also auch die Orden der Unbeschuhten, die Discalceaten).

15.7.

Ich lese im Bett Sibylle Berg („Danke für das schöne Leben“, gut, aber sehr arg), während wir draußen von sämtlichen Blasmusikkapellen der Bezirke BA, LI, GM und KI umzingelt werden, bei dröhnendem Spiel in der Gluthitze.

16.7.

Drei Namen, hervorgewühlt aus dem Zeitungs- und Bücherberg: Nicolaus Steno, Erfinder der Stratigraphie (wer denkt da nicht an seinen Cousin Klaus Strati, Vater der Stenographie?) + Arist von Schlipp, Notar + der tadschikische Archäologe Bobomullo Bobomulloev.

***

Hoher Lese- und Wanderdruck auch heuer, zum Glück weiß ich, dass es ab der zweiten Woche leichter wird – und dann gibt es ja noch die dritte. #bliss

***

Bei Gelegenheit muss ich René fragen, ob ich beschreiben darf, welchen Zugang er Bob Dylan hat, denn es hat dafür jemand sterben müssen, wie er heute auf dem Balkon erzählt. Eines Tages sei seine Mutter mit einem Plastiksack voller CDs heimgekommen, ganz aufgelöst. Sie habe als Übersetzerin helfen müssen, weil Ungarn bei einem Verkehrsunfall auf der A1 zu Tode gekommen waren. Jemand von der Feuerwehr oder der Asfinag hat ihr danach den Sack in die Hand gedrückt, als eine Art Belohnung, die CDs darin seien am Unfallort überall verstreut herumgelegen. Viele, erzählt René, seien auch kaputt gewesen, nicht aber Dylans „Greatest Hits“. Erst nach einiger Zeit, in der sie oft angehört habe, seien ihm die Flecken auf der Hülle aufgefallen; eingetrocknetes Blut.

Ich schlage ihm vor, einen Episodenroman über einen Kilometer A1 in Ansfelden zu schreiben, da fällt ihm ein, dass er mit einem Asfinag-Zuständigen für Fundsachen gesprochen habe. Einen Winter lang habe der nach einem fehlenden Bein zu suchen gehabt, das erst im Frühjahr zwischen den Leitplanken ausgeapert sei, noch im Stiefel steckend.

Meine eigenen Beine schmerzen heute mindestens lodernd, da ich recht stur auf einem in der Alpenvereins-App eingezeichneten Weg blieb, den es in der Realität definitiv nicht mehr gibt. Erst, als ich endlich einen Forstweg sah, kam ich auf die Idee, die schon ganz rotgebrannten Beine mit der Regenhose vor den Him- und Brombeeren sowie Brennnesseln zu schützen. 

17.7.

Ganz Bad Aussee ist mit Hirschen bestickt und bedruckt. Hietzinger Villen- und Ausseer Zweitwohnsitzerben sitzen im Lewandofsky und berichten einander von der Belastung, die Besitz mit sich bringt. Ein Lederhosenboomer mit dunkel gefärbtem, halblang zurückgegeltem Haar schiebt mit seinen Rauhwildlederslippern eine kaum angerauchte Zigarre durch den Kanaldeckel.

18.7.

Wiedersehensfreude mit dem Dreibrüdersee und dem Widderkar. Ein jähes Gewitter erwischt mich im Erlenkar, aber so gnädig, dass ich es leicht in einem wie dafür geschaffenen Winkel in Fels abwarten kann. 

Zu meiner sehr eigennützigen Erleichterung sind heuer nur sehr wenige Almen bestoßen, nicht einmal auf dem Aibl und der Gössler Alm sind Kühe. Im Herbst hat angeblich ein Wolf drei Schafe gerissen, direkt neben dem Stall im Gaiswinkel. Peter erzählt, dass das bei ihnen in Meißen fast schon normal sei, auch ihm sei schon einmal ein Wolf begegnet, den habe er mit „Schu! Schu!“ vertreiben können.

***

Menschen, die ihren Kurzurlaub nutzen, um stundenlang rauchend auf dem Balkon alle Haberer durchzutelefonieren, weiß man da schon was?

21.7.

Buttinger ruft mich vom Auto aus an, ich laufe hinunter zum Parkplatz, damit wir gemeinsam Ö1 hören können, wo Renata Schmidtkunz gerade Erwin Riess interviewt. Er spricht so wahr und gut, dass ich in einem Reflex fast das Handy aus der Tasche ziehen möchte, um ihm das zu schreiben, aber er bleibt tot und das bleibt inakzeptabel.

22.7.

Noch eine Woche – und es ist schon lange klar, dass sich wieder nur ganz wenig ausgehen wird (fünf Touren und acht Bücher).

***

Der Blick vom Balkon auf den Campingplatz beschäftigt uns auch heuer wieder, als stünden wir in einer Beobachtungsstation für exotische Lebensformen. Im Schaufenster des kleinen Ladens hängt eine Holztafel: „Das Campers Fluch / sind Regen und Besuch“. True.

***

Mindest-Mindset von Losern am Loser 

23.7.

Endlich auf dem Reichenstein. Fini, um deren Trittsicherheit ich mir Sorgen gemacht habe, sieht mir im steilen Salzgraben von oben herab dabei zu, wie ich mich langsam über ein nasses Band schwindle. 

24.7.

Auf allen drei Stockwerken in der Pension halten Tücher mit rustikalen Stick-Wahrheiten Frauen zur Bravheit, Männer zur Tüchtigkeit und Häuser zur Sauberkeit an. Eines fällt aus der Reihe, ein kurzer Blick in den bäuerlichen Abgrund, es heißt sinngemäß: Oft wollte ich verzagen, sagte mir, ich schaff das nie / doch konnte ich's ertragen, frag mich nur nicht wie.

 
Sie beweist: Man kann aber auch erschöpft sein vom Nichtstun im verdreckten Heim

25.7.

Im Traum kehre ich schon heim. Haus & Garten haben sich in ein villenhaftes Chaos verwandelt, aber schlimmer ist, das Putin jetzt mein Nachbar ist. Zuerst versuche ich es mit Appeasement-Politik, dann reiche ich ihm einmal eine Handvoll meiner Chilis durch den Zaun, mit dem Hinweis, dass die aber für einen Mann wohl zu scharf sein werden. 

***

Im Ausseer Billa gibt es einen Bücher-Tisch, ich kaufe einen Naipaul, aber erst daheim in Gössl fällt mir wieder ein, dass der ja ein alter Sack mit bekloppten Ansichten über Autorinnen ist, sodass mich jetzt sogar die hinausgeschmissenen 2€ reuen. Damit mir niemand mangelhaftes Trennverhalten zwischen Werk und Autor vorwerfen kann (15 Semester Studium verpflichten), lese ich ein wenig darin, aber zum Glück haut es mich auch literarisch nicht vom Hocker.

26.7.

Leider habe ich es mit den Mathematik-Matura-Träumen verschrien, vergangene Nacht habe ich einen getroffen, der behauptete, ich sei in seiner Klasse, und ob mir schon aufgefallen sei, dass wir heuer, in unserem Maturajahr, noch keine einzige Mathematik-Stunde gehabt hätten? Er kritisiere das pädagogisch schon seit Jahren, aber so sei das eben mit der Zentralmatura. Es folgt eine Episode, in der ich auf der Bühne jeden Einsatz im Stationendrama verpenne, meinen Text nicht gelernt habe und nicht einmal das Manuskript entziffern kann. Teil des Stücks ist ein Avantgarde-Konzert, das ich nach dem Erwachen noch eine Weile als lästigen Ohrwurm mit mir herumtrage.

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In der ZEIT gelesen: Auf Sylt kann man die Pizza „Tippitoppi“ um 999,99 € essen, belegt mit den gesammelten Speisedummheiten der Reichen. Ich würd' sogar ein bisschen was zahlen (ca. 9,99 €), um Trüffelcréme & Hummer NICHT essen zu müssen.

28.6. 

 Bizarre Bräuche der Mitmenschen. Die neuen Nachbarn stecken ihre Köpfe über den Sichtschutz zwischen unseren Balkonen, winken mit den Zigaretten und entbergen uns viele Details ihrer Lebensgeschichte. Dazu entzünden sie Vanille-Duftkerzen, um den Gestank der frisch gemähten Wiese und des regenfrischen Bergwaldes zu überdecken.

Lutz Maurer schaut vorbei, er schlägt mir vor, einen Wanderführer zu schreiben, da muss ich lachen, denn ich bin die Maria Callas des Verkofferns und habe mich als solche vier Stunden zuvor jämmerlich im Latschengekröse am Fuße des Feuertalberges verheddert. 


29.7. Grundlsee – Wels – Ottakring 

Tatsächlich ist das Auto noch voller als bei der Anreise, ein Raumwunder. Vielleicht habe ich Kater, wahrscheinlich ist es Abreisetrauer. Aber die Wirtsleute haben uns ganz offensichtlich den Stammgaststatus gewährt, denn beim Zahlen legen sie heuer gleich den Kalender für 2024 auf die Budel.

***

In Wels lassen wir uns nichts von unserer seelischen Verkaterung nach diesen großen drei Wochen anmerken, der Buttinger stürzt sich in emsige Übersprungshandlungen (in Zeitungsbergen wühlen, an den Balkonpflanzen ziepen, hektisch durch die Bude schwarteln). Ich sitze erschüttert da und stolpere irgendwann zum Zug.

***

In Wien erleide ich einen heidi-haften „Landmaus in der City“-Reizflash, aber sobald Nadja Bucher die Szene im Kongresspark betritt, leuchtet die Stadt in all ihren Farben. Wir beginnen sofort mit beruflichem trauma dumping, es ist eine einzige Freude und Entlastung, uns gegenseitig mit den blumigen Schilderungen unserer gesammelten Niederlagen zu überbieten (der inverse battle rapder Dichterinnen). Ich darf wohl nicht alles ausplaudern, aber hoffentlich andeuten, dass sie unlängst extra für eine Lesung nach Berlin reiste. Dem Veranstalter war es ein Anliegen, dass die beiden Lesenden einander kennenlernen. Nach ein paar Minuten Gespräch teilt die für eine namhafte Umwelt-NGO Arbeitende Nadja jäh mit, sich jetzt abgrenzen zu müssen, weil sie ihr zu pessimistisch in ihrer Konsumverweigerung sei. Die Lesung wird dann abgesagt, weil niemand gekommen ist. 

Unsere Lesung selbst ist eine große Freude – Nadja liest besonders juicy Sexszenen, womit sie eine Jungfamilie vertreibt, aber einen alten Mann mit Rollator in Bann schlägt. Der liebe Wakolbinger schreibt auf Facebook mit, als ich über den schönsten Tag meines Lebens auf Gut Aiderbichl berichte, aber er zitiert den Höhepunkt im Katzenhaus absichtlich falsch: „Wir hätten geweint, wäre nicht vorher alles aus uns herausgeludelt.“

Auf dem Weg zum Heurigen erzählt mir Madame Bucher von der malerischen Sparsamkeit des Betreibers einer großen Fleischerei am Yppenplatz. Aßen die Mitarbeiter ausnahmsweise gebratene Wurst, hielt er sie dazu an, nachher das Fett vom Teller zu schaben und für die Schweine zu sammeln. Die alte Pepi-Tant des Meisters ließ sich von ihnen die Jackerl durch Ottakring tragen und war berüchtigt dafür, ihren Bedürfnissen jederzeit und -orts nachzugeben, sich also mitten auf der Straße niederzuhockerln und es laufen zu lassen. „So eine Unkultur!“, habe der Neffe oft geklagt.

31.7. Schönering

Zum ersten Mal wieder im Eigenheim. Keine Wölfe im Garten, keine Zucchini in Elefantenfußformat, keine Meteoriteneinschläge. Im Email-Postfach nur 34 Mails, in der Post nur eine einzige Rechnung: ein Strafmandat aus Deutschland über 20 €; auch nichts, das mir den Individualverkehr exorziert.

Montag, Juli 03, 2023

Literarische Fischstäbchen

Ein wenig Beifang von der letzten Lesebühne zum Thema "Fisch" zur freundlichen Kenntnisnahme seitens der lesenden Bevölkerung: 

 

Fischgerichte 1:

Verstöße gegen das Oö. Fischereigesetz betreffend die Zuweisung von Fischereirechten, die Arten der Fischwässer, die Eintragung in das öffentliche Fischereibuch, fischereiwirtschaftliche Maßnahmen wie Bewirtschaftung, Besatz, Aussetzen von nicht heimischen Wassertieren und die Fischereiordnungen werden straf- oder zivilrechtlich geahndet.

Fischgerichte 2:

Forelle Müllerin, Forelle Bäckerin, Forelle Postlerin, Forelle Zerspanungstechnikerin, Forelle Hort- und Freizeitpädagogin, Forelle Bundespräsidentin.

Letzteres geht so: Einen Fliegenfischer auftreiben, sexuell binden und bitten, seinen Fang möglichst schmackhaft zuzubereiten. Dazu passen Petersilerdapferl und ein Sauvignon Blanc.

 ***

Frage an die Generation Schneeflocke in Wokistan (mit lieben Grüßen): Captain Iglo – geht der überhaupt noch? Und was will er? Ein alter weißer Mann allein mit lauter unbegleiteten Minderjährigen auf einem Schiff mit unbekannter Mission – eine Werbung, die uns die Enkerl einmal nicht mehr glauben werden. 

Ich könnte eine Meuterei beschreiben, eine Abenteuergeschichte, in der sich die Waisen gegen den Tyrannen auflehnen, ihn kielholen, weil er sie zur Kinderarbeit im Schiffsbauch zwingt, oder ihn auf einer einsamen Insel aussetzen, wo er sich in jahrelanger Arbeit eine tropische Kopie seiner Heimat erbaut, also einen Bungalow mit Carport und gemauertem Grill. Oder die Kinder betäuben den bärtigen Schinder mit Liquid Ecstasy, färben ihm den Bart schwarz, setzen ihn in einem Schlauchboot vor Lampedusa aus und rufen Frontex an, die versenken ihn dann vor der Festung Europa. Wenn's ambivalenter in der Figurenzeichnung sein darf, zwingen die armen Kinder Captain Iglo irgendwie, sich als deutscher Side-Kick vom gemeinen Grissemann allwöchentlich sekkieren zu lassen.

Übrigens sagt man nicht mehr Iglo, sondern Inuit.




Samstag, Juli 01, 2023

Excelfiasko, Jesuswurst und ein Nahtod-Erlebnis mit Franzobel

Lebenskrimskrams im Juni 2023

2.6.

Die Nachricht, einen Verlag gefunden zu haben, ereilt mich knapp unterhalb des Gipfels des Rohrauer Größtenbergs. Beim Abstieg ertappe ich mich in meiner Freude, ganz besonders vorsichtig zu gehen, denn jetzt hat mein Leben ja gleich viel mehr Sinn (obwohl ich für Picus posthum auch einen gewissen Wert hätte #onlyadeadpoet)

4.6.

Die Ereignislosigkeit zweier Sommertage, an denen mich nur die Frage umtreibt, an welchem Platz ich als nächstes chille (dazwischen Pflanzen umtopfen).

5.6.

I'm uneasy like Monday Morning.

***

Über das Excel-Fiasko der SPÖ sind zehn Minuten nach Veröffentlichung bereits alle Witze schon gemacht. Ich finde, Coala (die Maria Callas der Excel-Tabelle) sollte sich nicht zu gut sein, sich jetzt sofort für einen Posten zu bewerben. Oder ich. Oder der Hund. Oder eine der Topfpflanzen.

6.6.

Alle 2-3 Monate passiert irgendwas in Österreich und jedes Mal ist es der absurdeste Unsinn der jemals irgendwo passiert ist“. El Hotzo

7.6. Experiment Literatur

Dass Gertraud Klemm persönlich super ist, wusste ich, aber Romina Pleschko hat auch eine überaus einnehmende Art, sie erobert mich mit der Erwähnung furzender Schlapfen und ihrer Rülps-Angst am Mikro. Aus einer Laune heraus spielen wir nachher bei der Youtube-Wurlitzer-Sommerdisko „It's my Life“ von Bon Jovi, damit uns diese Peinlichkeit von nun an verbinde. Sie erzählt, dass in Liechtenstein 78% der Bevölkerung „Marxer“ heißen und sich zuweilen nicht zu blöd sind, damit Doppelnamen zu bilden.

Nach diesem sehr schönen Abend wundere ich mich übrigens, dass wir im Namen des Matriarchats nichts angezündet haben. Gertraud Klemm hätte nur ein Wort sagen müssen und wir wären marodierend aus dem Volksgarten in die Innenstadt gezogen.

Pleschko hat mir übrigens empfohlen, eine Purzelwurst mit dem Motiv des Turiner Grabtuchs auf den Markt zu positionieren.

8.6.

Letzte Tage unter dem Jasmin. Heute tut die Arbeit nicht nur deswegen weh, weil Feiertag ist. Übrigens Fronleichnam, an dem Katholiken feiern, dass bestimmte Leute Leichen sind, Hitler und Pontius Pilatus etwa.

9.6. Wien

Durchsage am Hauptbahnhof: „Please look an go in time to another door!“

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Nach nicht einmal fünf Minuten im Verlag erzähle ich den mich freundlich Prüfenden, dass "Die Sau" aus seltsamen Gründen damals in die Bestsellerliste gelangt und als echte Fake-Book-Dekoration beim Möbel Leiner Linz geendet sei. Mein Eigenmarketing könnte von der SPÖ inspiriert sein. Man verspricht mir, die fehlende Länge meines Manuskripts durch Ausstattung zu kompensieren, etwa mit einem Grottenolm in Salzlake, „nein, zwei! Wegen der doppelten Städte!“ Ich schlage vor, das Tote Gebirge als Auffalt-Effekt in die Mitte das Buches zu leimen. Wir beraten über abgeschnittene Daumen als Merch-Artikel. 

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Einer von vielen Gründen, warum ich mich freue, im Vorstand der GAV zu sein - ein Sessel im Musilhaus.

Das GAV-Beschlusskommittee berichtet, dass Mikl-Leitner wortwörtlich dieselbe Antwort auf den Protest gegen die FPÖ-Regierungsbeteiligung geschickt habe wie der Kollege Haslauer später in Salzburg. Vier Seiten zum Thema „Politik ist kein Wunschkonzert.“ Wobei Wahlen eigentlich exakt das bedeuten.

Später Bier. Martin Fritz freut sich über meine Neuigkeit, gibt aber zu bedenken, dass ich mich jetzt künstlerisch komplett neu erfinden müsse, „ich meine, 90% deiner Facebook-Postings und Blogeinträge drehen sich um das Nichtgelingen deines Romans.“

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Mitleid mit dem Nest erschöpfter, riesiger Stofftiere vor der Leasing-Agentur in Wels, die seit Jahrzehnten leer steht. 

 

10.6. Hofalm

Franzobel ist ein sehr lustiger Gast und als Gesprächspartner wesentlich aufmerksamer als ich (Moderatorin). Er schleppt sogar heute seinen Laptop mit auf die Alm, aus Angst, dass er ihm gestohlen wird. In Flugzeugen bangt er darum mehr als um das Leben seiner Familie (es wird nur halb stimmen, war aber fürs Publikum eine gute Pointe). Auf meine Frage nach Bestattungswünschen sagt er, lieber wolle er verfaulen als verbrennen. Ein Fan habe ihm einmal mitgeteilt, dass er mit Franzobel-Büchern bestattet werden wolle, das reiche ihm an Nachruhm.

Dann erzählt er von einer Einladung nach Algerien, wo er in einem kleinen Ort in der Wüste stolz als Autor empfangen wurde. Eine Deutschlehrerin mit dem reschen Charme der ORF-Russischlehrerin forderte eine Schülerin auf, zu Ehren des Gastes den Satz „Ich lerne Deutsch“ auf die Tafel zu schreiben, herausgekommen ist dabei aber ein besonders schön zur Wasserknappheit des Städtchens passendes „Ich liebe Duschen“. 

Beim Abstieg im Dämmerlicht überleben wir eine Jungstier-Stampede mit knapper Not. Sobald die ansatzlos hassenden Tiere dem Hund Richtung Wald nachgaloppieren, entschuldige ich mich bei Franzobel, für ihn wäre das ein sinnloser Tod, vielleicht wäre sogar sein Laptop zertrampelt worden! Aber meiner Karriere hätte das einen letzten kleinen Schub verpasst.

13.6.

Auf einem sehr abgelegenen Steig über das östliche Sengsengebirge. Blumen, Wind, Einsamkeit. Es ist gar nicht so leicht, anderen zu vermitteln, was da oben geschieht, in meiner nahen Wildnis.

14.6.

Der Tag zerrinnt mir zwischen den Fingern, weil er nicht durch Termine zerstört wird. Beschleunigungsfaktor Selbstbestimmung.

Im Flieder hat sich ein großer Bienenschwarm niedergelassen, wie ein dichter, aber amorpher Körper hängt der Staat in den Zweigen. Bald kommt die örtliche Imkerin, sie schneidet mit meiner Zustimmung dicke Äste aus dem Strauch, „weiter, weiter“ sage ich. Spätnachts dann Mitleid angesichts der paar Dutzend Bienen, die den Umzug verbummelt haben und in zwei kläglichen Klüngeln dort hängen, wo tagsüber der neue Bienenstock aufgestellt war. (Die Imkerin wird mir später sagen, ich hätte mir keine Sorgen machen müssen, die versprengten Tiere fänden meistens Aufnahme in anderen Völkern).

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Mein erster Eisvogel an der Donau. An Tagen wie dem heutigen ist es schwerer, die angemessene Klimapanik aufrecht zu erhalten. Trotzdem stelle ich den Hund auf Insekteneiweiß um, und siehe, sie frisst die Mehlwurmlinsen wie ein Labrador.

15.6.

Großer Stress, weswegen ich die Küche wische, es ist sowieso nicht zu schaffen, aber es wird sich wohl trotzdem alles irgendwie ausgehen, wie immer.

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Eine GAV-OÖ-Sitzung, die wegen meiner wirren Verzettelung beinah ausschließlich aus bunter Allfälligkeit besteht. Hoffentlich setzen sie mich bald ab!

16.6.

Tagesgang wie am Vortag, weswegen ich das Auto in die Waschstraße stelle, obwohl es in Strömen regnet. Dann Lesebühne mit dem Rauber! Es ist sehr schön, es wird uns bis September sehr gefreut haben. Mehr dazu hier im OLW-Blog, für Freaks.

17.6. BERLIN

Seit alle mit Navi fahren, haben wir das Gefühl, gegen die Zeit zu fahren, die uns bis zum Eintreffen gegeben ist.

Die Grenzen zu Tschechien und später Deutschland sind jetzt auch optisch aus der Landschaft verschwunden, bis auf die Eskalation der Photovoltaikfarmen gleich nach der thüringischen Grenze. Bei der Heimfahrt wird bei Suben ganz streng geschaut, wahrscheinlich für die CDU/AfD/FPÖ-Wähldeppen, die das zum Wohlfühlen brauchen.

Sieben Stunden hin, sieben Stunden her, damit man sich einen Grausen fährt. Mögen uns die höheren Mächte bald von der selbstauferlegten Bürde des Individualverkehrs erlösen. Am Ziel stellen wir das Auto unter Linden, die es bis zur Abfahrt gründlich mit Honig versauen werden.

Beim Fest tröpfeln die Minuten zuerst ein wenig dahin, aber bei der Anreise haben wir Gerhard Polts lyrische Phänomenologie der Gemütlichkeit angehört, sodass auch meine Hypophyse mit dem Propellern aufhören kann, denn wir sitzen in einem Biergarten auf erdbebensicherem Gebiet, und auf einmal liege ich um halb drei in der Früh ziemlich betrunken im Hotelbett. Die drei koksenden Models im Klo, wie verächtlich sie mich ansehen, wie sehr die Schwägerinnen und ich über ihr blasiertes Geschau lachen!

Ein lustiger Freund Mann behauptet, er könne Spanisch, weil er einmal einen von dort gebumst habe (stl, sexually transmitted languages). Er zeigt mir ein erschütternd unglamouröses Foto von der Falco-Stiege, denn er liebe Wien seinetwegen. Verrückt! 

Die Minuten explodieren. Es ist bestimmt was Lustiges in den Gin-Tonic-Dosen vom Dönerladen, es fährt uns voll. Wir steigen in eine Geisterstraßenbahn, deren Erscheinen von den Anzeigetafeln nicht erfasst wird.

18.6.

Um den heftig fordernden Impulsen der Großstadt zu Fleiß Widerstand zu leisten, legen wir uns nach dem anstrengenden Frühstück gleich wieder hin. 

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Endlich Anna Jung getroffen! Gerade noch rechtzeitig. Wir kommen nur von Anfang an nicht zum Reden, weil eine ältere Dame am Tisch unser Österreichisch hört, woraufhin sie um eine fundamentale Vergleichsstudie zwischen den Sozial- und Bildungssystemen ersucht, denn sie kenne Leute in Wels(!), die Afghanen kennen, die erst 2015 gekommen sind und schon den Führerschein haben (Nein! Doch! Oh!). Zum Glück kommt der Buttinger von seiner Kaffee-Odyssee zurück und muss jetzt auch noch das da bearbeiten, damit wir schnattern können (und ich diese Reise als Dienstfahrt von der Steuer absetzen kann).

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Das beste Bier des Jahres trinken wir vor dem „Antiquitäten“-Museum, auf schon im Juni verbranntem Rasen. Die Buttinger-Geschwister kommen im Sternmarsch zusammen. Alle befinden, in einer Stadt nicht mehr, ohne aber auch nicht leben zu können. 

In ganz Berlin riecht es heute nach warmer, abgelaufener Margarine.

19.6.

Der Frühstücksraum leuchtet orange wegen einer großen Gruppe thailändischer Mönche. Zum Morgensegen knien sich die einzige Nonne (in dezentem Weiß) und die beiden mitreisenden Zivilisten neben unseren Tisch. Wir versuchen, uns nichts anmerken zu lassen. Vielleicht strahlt der Segen ja wie WLAN auf uns aus.

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Auf deutschen Autobahnen. Es wird jäh so knallheiß, als habe jemand das Backrohr auf die höchste Stufe gedreht. Mit letzter Kraft schwanken wir auf meine Terrasse. Zum Typen, der mir endlich meine Poolwärmepumpe abkauft (an einem Tag wie heute, viel Spaß damit), schicke ich den Buttinger, damit der Willhabengeizhals meine Schwäche nicht ausnutzt und mich runterhandelt.

20.6.

Berlin hat meine Häuslichkeit weiter verstärkt, zum Glück ist der nächste Termin erst wieder am Freitag, sodass niemand vorher meine Schwäche ausnutzen kann.

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Nächtliches Rufen in der Nachbarschaft: „He, in dein Goatn is grod a Rehbock gsprunga, a mords Kerl!“ Fast warte ich darauf, dass der Warnende, ein Jäger, das irrgelaufene Tier gleich selbst mit dem Gewehr „entnimmt“. Er schreit weiter, er möge aufpassen, sonst spieße ihn der Bock auf, wenn er ihn in die Enge treibe. Soll ich das in mein Sorgen-Portfolio übernehmen?

21.6.

Traum von einer fremden Präsenz im finsteren Haus, ich kann nicht aufwachen und den Hund darauf ansetzen. Dann mildert sich das Szenario, ich besuche eine Kletterhalle, deren Schwerkraft individuell eingestellt werden kann, sodass ich gleich ganz mühelos dutzende Klimmzüge mache, so schwerelos wie unter Wasser. Das schönste Feature der Anlage ist ein Gehege mit liebesbedürftigen Hasen, zwecks Entspannung der Trainierenden.

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Der Initiator des Anti-Gender-Volksbegehrens spricht zu Fleiß nicht einmal das Wort „gendern“ korrekt aus. Auf Ö1 schwadroniert er über Versäumnisse in der Lehre, weswegen sich Frauen linguistisch beim generischen Maskulinum nicht mehr mitgemeint fühlten.

22.6.

Man braucht einen „heroischen Tugendgrad“, um selig gesprochen zu werden.

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In brüllender Hitze hocken Fini und ich im Schattenrest der Tanke und warten, bis der Berliner Lindenhonig in der Waschanlage in den Kanal gewaschen ist. Eine freundliche Frau streichelt den Hund, smalltalkt mit mir. Im Gehen dreht sie sich um und fragt, ob sie uns irgendwohin mitnehmen solle, als wären wir obdachlose Gemeinde-Originale.

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Beim Romankorrigieren muss ich teuflisch aufpassen, nicht wieder in grübelnde Selbstinfragestellung und Umschreibzwänge zu verfallen, auch darf ich nicht mehr alles verbraten, das mir noch untergekommen ist – im Idealfall brauche ich später irgendwann ja doch halbwegs Mitteilsames.

23.6.

Ich könnte Orakeltier für das Verpeilen von Trends werden: Was ich mir zum Anziehen kaufe, ist amtlich out.

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Kaum noch drei Wochen zuhause, täglich wächst mein Mitleid mit dem Garten, der im Juli drei Wochen sich selbst überlassen ist. Immerhin kann ich danach sehen, was er mit sich selbst vorhat. Wie ein 15-Jähriger Mensch, der wenigstens nicht mehr verhungert, wenn man ihn allein lässt. Vielleicht siedelt sich ein Wolfsrudel an, wenn ich im August wiederkomme, oder der Giersch übernimmt die Macht wie Hitler. Gleichzeitig hab ich bei vielen Arbeiten das Gefühl, dass sich das vor dem Winter eh nicht mehr auszahle. 

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Ständiges Schwanken zwischen „yeah, Hitze“ und „oh Gott, meine inneren Organe kochen“, wahrscheinlich werde ich exakt jetzt alt.

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Leonding. Die erste Gewinnerin bei der sprichcode-Preisverleihung weint vor Glück, ich vor Spiegelneuronen, dem Publikum versuche ich vergeblich weiszumachen, dass meine Augen schwitzen. Es ist sehr schön und alles mit Liebe vorbereitet. Nur alle zwei Jahre hören mir Jugendliche eine Stunde lang aufmerksam zu, was mich ein wenig nervös macht. 

Eine sagt nachher, sie habe mich noch nie in etwas anderem als dem Frack gesehen, was muss sie von mir denken? Wie hart kann ein reality crash ausfallen? Manchmal sehe ich mir in dieser Vortäuschung selbst zu, als wäre ich eine extrovertierte Fremde. 

Es kommt zu einer etwas längeren Umbauphase, die ich mit Geschnatter überbrücken muss, also erzähle ich der Jugend, dass ich im Sommer sehr viel trainieren müsse, um im Herbst Putin beim persönlichen Battle zu besiegen. „Wir sponsern das Trainingscamp!“, ruft der recht vife Vertreter des Sponsors heraus.

24.6.

Wie eine freundliche Geste beginnt der Tag kühl und schiach, sodass es nicht gar so weh tut, sechs Seiten Literaturschiff-Moderation vorzubereiten. Das Navi führt mich dann irgendwo hin, mitten in the Middle of the Sierninger Nowhere, das sich als recht schön gentrifizierter Bauernhof entpuppt. Auch hier verliebe ich mich schnell in Hof und Leute. Jana Volkmann könnte man zu Kartoffelsorten oder polynesischer Dichtung befragen, es käme Relevantes dabei heraus. Sie spricht über den Menschen als das träumende Tier, es ist so gescheit und extrem rührend, wie sie von der träumenden Oktopusdame erzählt, die sich im Schlaf gemäß ihrer Träume verfärbt. Und Ratten haben Alpträume, weil ihr Leben ein Alptraum ist. Ich erzähle etwas überjovial, selbst immer nur von fehlenden Hosen zu träumen. „Ja, weil du ein freier Mensch bist.“ Später schreibt sie mir das als Widmung in mein „Auwald“-Exemplar:

Tonio Schachinger schreibt über Eskapismus in andere Welten, am öftesten werde er aber gefragt, ob das, was er über das Theresianum schreibe, echt passiert sei.

Milena Michiko Flašar erzählt davon, dass in Japan wirklich immer wieder vor dem eigenen Tod Fundortreiniger engagiert werden, um den paar Angehörigen nicht zur Last zu fallen. 

Auch beim Heimfahren muss ich mich ganz auf Google einlassen, es schickt mich in irgendeine Himmelsrichtung über Schotter und Landgassen. Mit Glück überfahre ich dabei zwei Hasen, eine Katze und einen Rehbock nicht. 

Ein Haufen sehr guter Menschen und ich. Foto: Literaturschiff

26.6.

Heute Abend verabschiedet sich Norbert Trawöger vom Kepler Salon, er ist barfuß und augenscheinlich glücklich über die im Raum geballte Zuneigung. Mir wird ein Platz inmitten seiner drei Damen aufgetan. Erst nach fünf Minuten gneiße ich, dass direkt vor mir Dieter Decker sitzt. Fini schmiegt sich eng an ihn, sodass ich höllisch aufpassen muss, beim Streicheln in ihrem Fell zu bleiben, weil der Buttinger mit aufgerissenem Auge Obacht gibt wie eine Mischung aus Luchs und Martin Fieldmann. Der Hund toleriert Schubert hechelnd, vielleicht nimmt sie jetzt endlich Bildung an. Ich bedanke mich später, dass auch NT an mir einen Bildungsauftrag erkannt hat, weswegen ich in Sachen buddhistische Friedensarbeit, Energiegewinnung aus Molasserückständen, metaphorische Prosthetik, Tierpräparation, Glitches oder Hitlerbauten gastgeben durfte. 

 Foto: Der gute, beste Reinhard Winkler

Leicht enthemmt krähe ich der mir an sich nicht persönlich Kulturhauptstadtsintendantin Schweeger entgegen, dass ich gerade einen Roman über die Gegend geschrieben habe. Ich geniere mich zwar schon live während des Eigenmarketings, aber sie ist wahrscheinlich noch ganz anderes gewohnt.

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Ein schöner Tag also, Highlight ist trotz der gesellschaftlichen Freuden die arme, scheinträchtige Basset-Hündin, die sich sofort bäuchlings meinen streichelwilligen Händen darbot, und deren Inhaberin den guten Satz sprach: „Menschen sind ihr heimlicher als Hunde“.

29.6.

Mit dem Hund über die Hochsteinscharte auf den Sneslitz. Sie rennt voran, immer wieder schaut sie mir fasziniert dabei zu, wie langsam ich gehe und wie feig ich beim Überqueren von Hindernissen bin. Beim Rückweg auf der Forststraße Richtung Zivilisation enthemmtes Plaudern mit Pensionisten, ich erkenne mich kaum wieder.

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Aktuelle Lieblingssorge: dass der Grundlsee noch zu kalt sei. Ich habe beschlossen, im kommenden Jahr das Schwimmbecken aufzulassen und mich dafür öffentlich loben zu lassen. Im Grunde müsste mich das Land OÖ dafür fördern, aber ich sehe schon das „Schwimmbadverbot! Was kommt als nächstes!?“ der FPÖ vor mir.

30.6.

Damit ich hier nicht nur neurotisches Trallala festhalte: Der Roman ist im Lektorat!

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Kratzer in der CD = Glitches im Klangbild

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Dank des Hypes um die KI bekommt der Begriff „unbotmäßig“ einen interessant technikskeptischen Klang.