Sonntag, März 06, 2005

Marillenmarmelade, Einstein und Lyrik

Habe letzte Nacht über die Gedanken von Renate nachgedacht und dabei sehr viel Wahres entdeckt. Vor allem das mit den Impulsen stimmt 100%ig, denn in der Tat kann man mit der Sprache zwischen den Menschen Impulse setzen und sehen, wie alles anfängt zwischen Ich und Du. Hoffentlich muss ich einmal wo lange warten, da kann ich weiter nachdenken! In den letzten Tagen war mein Leben allerdings erneut geprägt von gschaftigem Nichtstun und Marmeladebrotessen. Womit wir schon beim Thema des Tages wären: Die Marillenmarmelade geht zur Neige! Jetzt ist guter Rat teuer! Ich merke schon, wie mich die Lebensgeister verlassen und wie die Moral in der Beziehungsmannschaft immer schlechter wird. Gestern musste ich die Marmeladeportion erstmals rationieren, früher konnten wir noch mit den Schöpflöffeln ausfassen – bis ich vorgestern auf den Boden des Fasses stieß... wie lange werden wir aushalten? Muss ich am Ende die Ponys schlachten lassen? Ich bin noch nicht gewillt, die Forschungsexpedition aufzugeben, um neue Marmelade zu kaufen!

Nachdem wir uns gestern mühsam durch die Wochenendausgabe gekämpft hatten, wartete am Nachmittag eine neue Sisyphosarbeit auf uns: ein Ordner voller alter Wissenschaftsbeilagen vom Falter. Mein erster Maat Alois meinte zunächst, dass der ganze Plunder, da vom Wissenschaftsministerium gesponsert, ungelesen ins Altpapier wandern dürfe; als ich aber selbst einen Blick hinein warf, fand ich sofort einen Auszug aus einem Brief Einsteins an eine seiner Ehefrauen, der mir zeigte, dass alles, alles durchstudiert werden muss. Es handelt sich bei dem gefundenen Kleinod um einen nicht hoch genug einzuschätzenden und nobelpreiswürdigen Beitrag zur Überwindung des Geschlechterkampfes. Ich zitiere:

A Du sorgst dafür
1 dass meine Kleider und Wäsche ordentlich im Stand
gehalten werden
2 dass ich die drei Mahlzeiten im Zimmer ordnungsgemäß
vorgesetzt bekomme
3 dass mein Schlafzimmer und Arbeitszimmer stets in guter
Ordnung gehalten sind, insbesondere dass der Schreibtisch mir allein zur
Verfügung steht.
B Du verzichtest auf alle persönlichen Beziehungen zu mir,
soweit deren Aufrechterhaltung aus gesellschaftlichen Gründen nicht unbedingt
geboten ist. Insbesondere verzichtest du darauf
1 dass ich zuhause bei dir
sitze
2 dass ich zusammen mit dir ausgehe oder verreise
C Du verpflichtest
dich ausdrücklich, im Verkehr mit mir folgende Punkte zu beachten
1 Du hast
weder Zärtlichkeiten von mir zu erwarten noch irgendwelche Vorwürfe zu machen
2 Du hast eine an mich gerichtete Rede sofort zu sistieren, wenn ich dich
darum ersuche.

Da spricht ein großer Geist aus der Vergangenheit zu uns! Um das Ganze in den Worten des großen Frauenverstehers Josef H. zusammenzufassen: „Wir brauchen uns nur dort berühren, wo’s unbedingt notwendig is!“ Oder auf den Punkt gebracht: „We’re just spending time, no kissing, no touching! It’s us in love, spending time!” Alois ist nicht übel stolz darauf, dass sein Werk „Dangkescheen“ (einzusehen auf http://www.unet.univie.ac.at/~a9805488/index.htm unter „Korrespondenz“), das er mir in der ersten Phase unserer Verliebtheit zugeeignet hat, in genau dieselbe Richtung weist. Ich als Männerversteherin war von unserer Entdeckung natürlich ebenso begeistert; so ist unser schon etwas ermüdetes Forscherherz von neuem für die Papierdurchwühlung entbrannt! Wir werden uns deswegen morgen trennen; Alois wagt sich zur Universität, Gerüchten zufolge soll die voller Papier sein – eine faszinierende Vorstellung! Ich selbst reise nach Oberösterreich, denn mir ist eingefallen, dass im Keller zuhause noch eine Kiste voll Zettis stehen muss. Außerdem nimmt mir Sabine immer die Postwurfsendungen weg, das muss ich unterbinden!
So viel, liebes Tagebuch, hätte ich heute noch zu sagen, aber zum Abschluss lass ich lieber meine Anwälte sprechen:

Anwaltskanzlei Vogl&NotButterbrotgasse 79063 Voraus im
Preingau
06. März, 2005


An Herrn OmbudsmannDr. Alois Liebes-Stifter, Vollrauscherstrasse, Viehn

Betreff: ausstehendes Liebeshonorar

Sehr geehrter Herr Dr. Stifter,

wie uns die klagende Partei, Frau Mag. Dominika Meindl mitteilt, schulden Sie Ihr noch 5€ für die (den) Liebesdienst(e) im letzten Monat. Wir ersuchen Sie hiermit, den ausstehenden Betrag unverzüglich auf ihr Konto zu überweisen, sonst nehmen wir einen Hammer und haun ihr ganzes Liebesnest zusammen, und wenn das nichts nützt, übergeben wir die Sache einem richtigen Rechtsanwalt! Weiters ersucht uns Frau Dominkia Meindl Ihnen folgende Zeilen zu übermitteln:

die seele
ein verletztes tier

das herz

mit klaffender wunde

der geist

auf ständiger flucht
vor dem wartenden schmerz

die liebe

jäger und gejagte

jedes wort

ein stoß in den abgrund

Hochachtungsvoll, Dr.rec.con.sos. Vogl


Hoffentlich fürchtet sich der Alois nicht, aber Recht ist Recht! Schlaf gut, liebes Papier!

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